November 1887 - März 1888 11 [201-300]
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Sich stärker fühlen—oder anders ausgedrückt: die Freude—setzt immer ein Vergleichen voraus (aber nicht nothwendig mit Anderen, sondern mit sich, inmitten eines Zustands von Wachsthum, ohne daß man erst wüßte, in wiefern man vergleicht—)
— die künstliche Verstärkung: sei es durch aufregende Chemica, sei es durch aufregende Irrthümer (“Wahnvorstellungen”)
z.B. das Gefühl der Sicherheit, wie es der Christ hat. Er fühlt sich stark in seinem Vertrauen-dürfen, in seinem Geduldig- und Gefaßtsein-dürfen: er verdankt diese künstliche Verstärkung dem Wahne, von einem Gott beschirmt zu sein
z.B. das Gefühl der Überlegenheit z.B. wenn der Chalif von Marokko nur Erdkugeln zu sehen bekommt, auf denen seine drei vereinigten Königreiche 4/5 der Oberfläche einnehmen
z.B. das Gefühl der Einzigkeit z.B. wenn der Europäer sich einbildet, daß der Gang der Cultur sich in Europa abspielt und wenn er sich selber eine Art abgekürzter Weltprozeß scheint; oder der Christ alles Dasein überhaupt um das “Heil des Menschen” sich drehen macht —
Es kommt darauf an, wo man den Druck, die Unfreiheit empfindet: je nach dem erzeugt sich ein andres Gefühl des Stärker-seins. Einem Philosophen ist z.B. [in]mitten der kühlsten transmontansten Abstraktions-Gymnastik zu Muthe wie einem Fisch der in sein Wasser kommt: während Farben und Töne ihn drücken, gar nicht zu reden von den dumpfen Begehrungen—von dem, was die Anderen “das Ideal” nennen.