November 1887 - März 1888 11 [201-300]
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Morphologie der Selbstgefühle:
Erster Gesichtspunkt
A: in wiefern die Mitgefühls- und Gemeinschafts-Gefühle die niedrigere, die vorbereitende Stufe sind, zur Zeit, wo das Personal-Selbstgefühl, die Initiative der Werthsetzung im Einzelnen noch gar nicht möglich ist
B: in wiefern die Höhe des Collektiv-Selbstgefühls, der Stolz auf die Distanz des Clans, das Sich-Ungleich-fühlen, die Abneigung gegen Vermittlung, Gleichberechtigung, Versöhnung eine Schule des Individual-Selbstgefühls ist: namentlich insofern sie den Einzelnen zwingt, den Stolz des Ganzen zu repräsentiren ... Er muß reden und handeln mit einer extremen Achtung vor sich, insofern er die Gemeinschaft in Person darstellt ...
insgleichen: wenn das Individuum sich als Werkzeug und Sprachrohr der Gottheit fühlt
C: in wiefern diese Formen der Entselbstung thatsächlich der Person eine ungeheure Wichtigkeit geben: insofern höhere Gewalten sich ihrer bedienen: religiöse Scheu vor sich selbst Zustand des Propheten, Dichters ...
D: inwiefern die Verantwortlichkeit für das Ganze dem Einzelnen einen weiten Blick, eine strenge und furchtbare Hand, eine Besonnenheit und Kälte und Großartigkeit der Haltung Gebärde an[er]zieht und erlaubt, welche er nicht um seiner selber willen sich zugestehen würde
In summa: die Collektiv-Selbstgefühle sind die große Vorschule der Personal-Souveränität
der vornehme Stand ist der, welcher die Erbschaft dieser übung macht —