November 1887 - März 1888 11 [201-300]
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Paulus, mit einem Instinkt für die Bedürfnisse der Nicht-Juden, übersetzte jene großen Symbole der ersten christlichen Bewegung ins Handgreifliche und Unsymbolische: einmal machte er aus dem Gegensatz des wahren und des falschen Lebens den Gegensatz dieses irdischen und jenes himmlischen jenseitigen, zu dem der Tod die Brücke ist (—er stellte sie in die Bewegung der Zeit, als jetzt und als einstmals—) Zu diesem Zwecke that er einen Griff ins volle Heidenthum und nahm die Personal-Unsterblichkeit, etwas ebenso Antijüdisches als Antichristliches. Aber in der ganzen Welt, wo es geheime Culte gab, glaubte man an diese Fortdauer, und zwar unter einer perspektive von Lohn und Strafe. Diese Verdüsterung des Heidenthums durch den Schatten der Schuld-Abzahlung im Jenseits war es z.B., was Epicur bekämpfte ... Der Kunstgriff des Paulus war, den Glauben, daß Christus nach dem Tode wieder gesehen worden ist (d.h. die Thatsache einer Collektiv-Hallucination), aufzubauschen zu einer theologischen Logik, wie als ob die Unsterblichkeit und die Wiederauferstehung Hauptthatsachen wären und gleichsam der Schlußstein der Heils-Ordnung Jesu (—dazu mußte die ganze Lehre und Praxis der alten Gemeinde auf den Kopf gestellt werden)
Das ist der Humor der Sache, ein tragischer Humor: Paulus hat gerade das im großen Stile wieder aufgerichtet, was Christus durch sein Leben annullirt hatte. Endlich, als die Kirche fertig ist, nimmt sie sogar das Staats-Dasein unter ihre Sanktion ... [Vgl. Lev Nikolayevich Tolstoy. Ma religion. Paris: Fischbacher, 1885:
220-22.]