Sommer-Herbst 1873 29 [1-100]
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Zur Mythologie des Historischen. Hegel “was einem Volke geschieht und innerhalb desselben vorgeht, hat in der Beziehung auf den Staat seine wesentliche Bedeutung; die blossen Particularitäten der Individuen sind am entferntesten von jenem der Geschichte angehörigen Gegenstand.” Der Staat ist aber immer nur das Mittel zur Erhaltung vieler Individuen: wie sollte er Zweck sein! Die Hoffnung ist, dass bei der Erhaltung so vieler Nieten auch einige mit geschützt werden, in denen die Menschheit kulminirt. Sonst hat es gar keinen Sinn, so viele elende Menschen zu erhalten. Die Geschichte der Staaten ist die Geschichte vom Egoismus der Massen und von dem blinden Begehren, existiren zu wollen: erst durch die Genien wird dieses Streben einigermassen gerechtfertigt, insofern sie dabei existiren können. Particular- und Collectiv-Egoismen im Kampf mit einander—ein Atomenwirbel der Egoismen—wer wird da nach Zwecken suchen wollen!
Durch das Genie kommt bei jenem Atomenwirbel doch etwas heraus und jetzt denkt man milder über das Sinnlose jenes Treibens: etwa als ob ein blinder Jäger viele hundert Male umsonst schiesst und endlich, aus Zufall, einen Vogel trifft. Endlich kommt doch was dabei heraus, sagt er sich und schiesst weiter.