Sommer-Herbst 1873 29 [1-100]
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“Fragen Sie sich selbst, sagt Hume, oder jeden ihrer Bekannten, ob sie die letzten zehn oder 20 Jahre ihres Lebens noch einmal zu durchleben wünschten. Nein! Aber die nächsten 20 werden besser sein, sagen sie —
And from the dregs of live hope to recive,
What the first sprightly running could not give.”
Das Elend treibt die Menschen in die Zukunft, das Elend treibt sie in eine frühere Vergangenheit, um sich daran das relative Glück der Gegenwart zu demonstriren oder sich zu trösten, dass andern es doch einmal gut gegangen. Der Trieb nach Glück ist es, der die Menschen abhält, die Lehre ihres Tages, Resignation, zu finden; da das Glück nicht da ist, muss es offenbar kommen, schliessen sie, oder dagewesen sein. Oder es ist schon da, verglichen mit dem früheren Unglück usw. Was jeden Menschen vorwärts treibt, treibt sie alle vorwärts: sie benutzen die Geschichte zum Glücklicherwerden in der Zukunft.
Es giebt zwei Betrachtungsarten des Vergangnen: für die eine genügt jeder Zeitraum, jedes Volk, jeder Tag; die andre ist unersättlich, weil sie nirgends die Antwort findet, die sie sucht: wie sich’s glücklich lebt. Nach der ersten lebt der Weise, nach der zweiten, der historischen, der Unweise, thätige Mensch. Nun giebt es eine Art, Geschichte zu treiben, die die Menschen hindert, thätig zu sein, ohne sie zur Resignation zu bringen. Das ist unsere Manier.
David Hume “diese Welt ist, im Vergleiche mit einem höhern Maassstabe, sehr gebrechlich und unvollkommen. Sie war nur der erste rohe Versuch einer noch jugendlichen Gottheit, welche nachher dieselbe aus Schaam über die misslungne Arbeit im Stiche liess: sie ist vielleicht nur das Werk irgend einer abhängigen Untergottheit und der Gegenstand des Hohngelächters höherer Wesen: vielleicht ist sie die Geburt des Alters und der Schwachheit, einer der Last der Jahre unterliegenden Gottheit und hat, seit dem Tode derselben, nach dem ersten Anstosse und der von ihr mitgetheilt erhaltenen Thätigkeit, sich auf gut Glück fortbewegt.”
Hume: “wenn ein Fremder plötzlich auf unsere Erdkugel verschlagen würde, so würde ich, um ihm ein Vorbild ihrer Leiden zu geben, demselben ein mit Krankheiten angefülltes Hospital zeigen, oder ein Gefängniss, das von Missethätern oder Schuldnern überladen ist, oder ein Schlachtfeld mit Leichen übersäet, eine untergehende Flotte auf der See, eine Nation, die unter Tyrannei, Hungersnoth und Pest dahinschmachtet. Um ihm die fröhliche Seite des Lebens zu zeigen und ihm einen Begriff von den Vergnügungen desselben zu geben—wohin soll ich ihn führen? Auf einen Ball, in eine Oper, an einen Hof? Mit Recht würde er glauben, ich wollte ihm nur eine andre Art von Kümmernissen und Sorgen zeigen.”