Winter 1884-85 31 [1-70]
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— oh über den wunderlichen und grausamen Gott, den ihr als “die Liebe” preist! als der Gott entstand, war wohl alle Liebe noch wenig göttlich?
— kalte kühle Menschen, solche denen man ihre Thorheiten nicht glauben will
— wer von Herzen willig und wohl ist, der liebt auch die Seitensprünge: wehe aber allen den Unbedingten! es ist eine kranke Art.
— ist nicht das Loben zudringlicher als alles Tadeln?
— ohne Gründe habt ihr dies einst glauben gelernt: wie könnte ich wohl durch Gründe dies euch umwerfen!
— “ich liebe meinen Gott von Grund aus: wie dürfte ich wollen, daß er mich wieder liebte! Er soll nicht so thöricht sein an mich zu glauben! wie alle Liebenden thun.
— ihr Fieberkranken seht alle Dinge als Gespenster, und ihr Fieberlosen als leere Schatten: und doch braucht ihr Beide die gleichen Worte!
— mein Gedächtniß sagt: “das that ich,” mein Stolz aber sagt dazu “das konnte ich nicht thun” und bleibt unerbittlich. Zuletzt—giebt das Gedächtniß nach!
— er hat kalte vertrocknete Augen, vor ihm liegt jedwedes Ding entfedert nackt und farbenlos: und nun meint ihr, seine Ohnmacht zur Lüge sei “Liebe zur Wahrheit!”
— ihr saht schlecht dem Leben zu, wenn ihr den noch nicht schautet, der mit schonenden Händen—tödtet!
— er schüttelt sich, blickt um sich, streift mit der Hand über den Kopf—und nun heißt ihr ihn einen Erkennenden! Aber Freiheit vom Fieber ist noch nicht Erkenntniß.