Winter 1884-85 31 [1-70]
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Gespräch mit den Königen
— “ich sehe Könige vor mir: aber ich suche den höheren Menschen.”
— Mit dem Schwerte dieses Wortes zerhaust du unseres Herzens Finsterniß
— wir sind nicht die Ersten und müssen es bedeuten: dieser Betrügerei sind wir zuletzt satt und ekel geworden
— lernt mir endlich doch: “jeglich schlimmes Ding hat zwei gute Kehrseiten”
— oh Zarathustra, in ihrem Kopfe ist weniger Sinn für das Rechte als in deiner linksten Zehe.
— unter solchem Gesindel erdrosselt sich der Ehrgeiz selber: hier gelüstet es einen mehr, den Letzten zu bedeuten als dieses Volkes Ersten.”
— dem guten Frager ist halb schon geantwortet.—
— seht doch, wie dies kam und kommen mußte: man muß sein Auge auch hinter dem Kopfe haben!
— ausbündig ungerecht: denn sie wollen gleiches Recht für Alle
— beharrlich, einem Bauern gleich so grob wie listig
— sie klammern sich an Gesetze an, und möchten Gesetze “festes Land” heißen: denn sie sind der Gefahr müde, aber im Grunde suchen sie einen großen Menschen, einen Steuermann, vor dem sich die Gesetze selber auswischen
— die große Maul und Klauenseuche—feine Dinge—sie greifen mit Schafsklauen darnach. Jeglich Wort gehört nicht in jedes Maul.
süßliche schmeichelnde Hunde, wenn sie verehren
ihre Weiber: willfährig, lüstern, vergeßlich—sie haben’s alle nicht weit zur Hure.
Und wer von ihnen sagt noch ehrlich für sein übermorgen gut? Wer—darf noch schwören und versprechen? Wer von ihnen bleibt noch fünf Jahr in Einem Hause und Einer Meinung?
Menschen des guten Willens, aber unverläßlich, und nach Neuem gelüstig, diese Käfiche und engen Herzen, diese Rauchkammern und verdumpften Stuben—sie wollen freien Geistes sein —
sie fühlen sich vom Pöbel nach Leib und Herzen und möchten das verstecken [und] gerne das Vornehme an- und überziehn: Erziehung nennen’s [sie]—sie treiben’s eifrig
sie reden vom Glück der Meisten und opfern ihnen alle Zukünftigen
sie haben ihre Tugend, man kann sie nicht für jeden Preis kaufen. Biete nicht zu wenig, sonst sagen sie “Nein!” und gehen gebläht davon, gestärkt in ihrer Tugend. “Wir sind die Unbestechlichen!”
die Eintagslehrer und andre Schmeißfliegen
und oft sind sie gleich jener Schamhaften, welche [man] zu dem, was sie am liebsten möchte, noch zwingen und nothzüchtigen muß.
— seines Friedens Sonne dünkte mich schwül und flau: lieber noch sitze ich im Schatten geschwungener Schwerter.
— schwimmend in Billigkeit und Milde, ihrer Dummheit froh und daß Glück auf Erden so wohlfeil ist