Herbst 1885 - Herbst 1886 2 [101-210]
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Das Problem vom Sinn der Kunst: wozu Kunst?
Wie verhielten sich die lebenskräftigsten und wohlgerathensten Menschen die Griechen zur Kunst?
Thatsache: die Tragödie gehört ihrer reichsten Zeit von Kraft an—warum?
Zweite Thatsache: das Bedürfniß nach Schönheit; ebenso nach Logisirung der Welt gehört in ihre décadence
Deutung beider Thatsachen: — — —
Fehlerhafte Nutzanwendung auf die Gegenwart: ich deutete den Pessimismus als Folge der höheren Kraft und Lebensfülle, welche sich den Luxus des Tragischen erlauben kann. Insgleichen deutete ich die deutsche Musik als Ausdruck einer dionysischen Überfülle und Ursprünglichkeit d.h.
1) ich überschätzte das deutsche Wesen
2) ich verstand die Quellen der modernen Verdüsterung nicht
3) mir fehlte das kulturhistorische Verständniß für den Ursprung der modernen Musik und ihre essentielle Romantik.
Abgesehen von dieser fehlerhaften Nutzanwendung bleibt das Problem bestehn: wie würde eine Musik sein, welche nicht romantischen Ursprungs wäre—sondern eines dionysischen?