Herbst 1885 - Herbst 1886 2 [101-210]
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Zur Einleitung.
Für Jeden, der mit einem großen Fragezeichen wie mit seinem Schicksale zusammengelebt hat und dessen Tage und Nächte sich in lauter einsamen Zwiegesprächen und Entscheidungen verzehrten, sind fremde Meinungen über das gleiche Problem eine Art Lärm, gegen den er sich wehrt und die Ohren zuhält: überdies, gleichsam etwas Zudringliches Unbefugtes und Schamloses, von Seiten solcher, welche, wie er glaubt, kein Recht auf ein solches Problem besitzen: weil sie es nicht gefunden haben. Es sind die Stunden des Mißtrauens gegen sich selbst, des Mißtrauens gegen das eigene Recht und Vorrecht, wo der einsiedlerische Liebende—denn das ist ein Philosoph—zu hören verlangt, was Alles über sein Problem gesagt und geschwiegen wird; vielleicht, daß er dabei erräth, daß die Welt voll solcher eifersüchtig Liebender ist, gleich ihm, und daß alles Laute, Lärmende, Öffentliche, der ganze Vordergrund von Politik, Alltag, Jahrmarkt, “Zeit” nur erfunden zu sein scheint, damit alles, was uns heute Einsiedler und Philosoph ist, sich dahinter verstecken könne—als in ihre eigenste Einsamkeit; Alle mit Einem beschäftigt, in Eins verliebt, auf Eins eifersüchtig, gerade auf sein Problem. “Es wird gar nichts Andres heute gedacht wo überhaupt gedacht wird”—sagt er sich endlich; “es dreht sich Alles gerade um dies Fragezeichen; was mir vorbehalten schien, darum bewirbt sich das ganze Zeitalter: es begiebt sich im Grunde gar nichts Anderes; ich selbst—aber was liegt an mir!”