Herbst 1885 - Herbst 1886 2 [101-210]
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Das Kunstwerk, wo es ohne Künstler erscheint z.B. als Leib, als Organisation (preußisches Offiziercorps, Jesuitenorden). In wiefern der Künstler nur eine Vorstufe ist. Was bedeutet das “Subjekt” — ?
Die Welt als ein sich selbst gebärendes Kunstwerk — —
Ist die Kunst eine Folge des Ungenügens am Wirklichen? Oder ein Ausdruck der Dankbarkeit über genossenes Glück? Im ersten Falle Romantik, im zweiten Glorien-schein und Dithyrambus (kurz Apotheosen-Kunst): auch Raffael gehört hierhin, nur daß er jene Falschheit hatte, den Anschein der christlichen Weltauslegung zu vergöttern. Er war dankbar für das Dasein, wo es nicht spezifisch-christlich sich zeigte.
Mit der moral[ischen] Interpretation ist die Welt unerträglich. Das Christenthum war der Versuch, damit die Welt zu “überwinden”: das heißt zu verneinen.— In praxi lief ein solches Attentat des Wahnsinns—einer wahnsinnigen Selbstüberhebung des Menschen angesichts der Welt—[auf] Verdüsterung, Verkleinlichung, Verarmung des Menschen hinaus: die mittelmäßigste und unschädlichste Art, die heerdenhafte Art Mensch, fand allein dabei ihre Rechnung, ihre Förderung, wenn man will ...
Homer als Apotheosen-Künstler; auch Rubens. Die Musik hat noch keinen gehabt.
Die Idealisirung des großen Frevlers (der Sinn für seine Größe) ist griechisch; das Herunterwürdigen, Verleumden, Verächtlichmachen des Sünders ist jüdisch u[nd] christlich.