Herbst 1887 9 [101-190]
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(76) Zu erwägen:
Das vollkommene Buch. —
1) die Form, der Stil
Ein idealer Monolog. Alles Gelehrtenhafte aufgesaugt in die Tiefe
alle Accente der tiefen Leidenschaft, Sorge, auch der Schwächen, Milderungen, Sonnenstellen,—das kurze Glück, die sublime Heiterkeit —
Überwindung der Demonstration; absolut persönlich. Kein “ich” ...
eine Art mémoires; die abstraktesten Dinge am leibhaftesten und blutigsten
die ganze Geschichte wie persönlich erlebt und erlitten (—so allein wird’s wahr)
gleichsam ein Geistergespräch; eine Vorforderung, Herausforderung, Todtenbeschwörung
möglichst viel Sichtbares, Bestimmtes, Beispielsweises, Vorsicht vor Gegenwärtigem. alles Zeitgemäße
Vermeiden der Worte “vornehm” und überhaupt aller Worte, worin eine Selbst-In-Scenesetzung liegen könnte.
Nicht “Beschreibung”; alle Probleme ins Gefühl, übersetzt, bis zur Passion —
2) Sammlung ausdrücklicher Worte. Vorzug für militärische W[orte].
Ersatzworte für die philosophischen Termini: womöglich deutsch und zur Formel ausgeprägt.
sämmtliche Zustände der geistigsten Menschen darstellen; so daß ihre Reihe im ganzen Werke umfaßt ist.
| (—Zustände des Legislator[s] |
| des Versuchers |
| des zur Opferung Gezwungenen, Zögernden — |
| der großen Verantwortlichkeit |
| des Leidens an der Unerkennbarkeit |
| des Leidens am Scheinen-Müssen |
| des Leidens am Wehethun-Müssen, |
| der Wollust am Zerstören |
3) Das Werk auf eine Katastrophe hin bauen
Einleitung herzunehmen von dem Willen zum Pessimismus. Nicht als Leidender, Enttäuschter reden. “Wir, die wir nicht an die Tugend und die schönen Schwellungen glauben.”
Satyrspiel
am Schluß
Einmischen: kurze Gespräche zwischen Theseus Dionysos und Ariadne.
— Theseus wird absurd, sagte Ariadne, Theseus wird tugendhaft —
Eifersucht des Theseus auf Ariadne’s Traum.
der Held sich selbst bewundernd, absurd werdend, Klage der Ariadne.
Dionysos ohne Eifersucht: “Was ich an Dir liebe, wie könnte das ein Theseus lieben?” ...
Letzter Akt. Hochzeit des Dionysos und der Ariadne
“man ist nicht eifersüchtig, wenn man Gott ist,” sagte Dionysos: “es sei denn auf Götter.”
“Ariadne,” sagte Dionysos, “du bist ein Labyrinth: Theseus hat sich in dich verirrt, er hat keinen Faden mehr; was nützt es ihm nun, daß er nicht vom Minotauros gefressen wurde? Was ihn frißt, ist schlimmer als ein Minotauros.” “Du schmeichelst mir,” antwortete Ariadne, “aber ich bin meines Mitleidens müde, an mir sollen alle Helden zu Grunde gehen: Das ist meine letzte Liebe zu Theseus: ‘ich richte ihn zu Grunde’”