Herbst 1887 9 [101-190]
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(80) Daß man den Menschen den Muth zu ihren Naturtreiben wiedergiebt
Daß man ihre Selbstunterschätzung steuert (nicht die des Menschen als Individuum, sondern die des Menschen als Natur ..)
Daß man die Gegensätze herausnimmt aus den Dingen, nachdem man begreift, daß wir sie hineingelegt haben.
Daß man die Gesellschafts-Idiosynkrasie aus dem Dasein überhaupt herausnimmt (Schuld, Strafe, Gerechtigkeit, Ehrlichkeit, Freiheit, Liebe usw.)
Das Problem der Civilisation hinstellen.
Fortschritt zur “Natürlichkeit”: in allen politischen Fragen, auch im Verhältniß von Parteien, selbst von merkantilen oder Arbeiter- u[nd] Unternehmer-Parteien handelt es sich um Machtfragen — “was man kann?” und erst daraufhin, was man soll?
Daß dabei, mitten unter der Mechanik der großen Politik, noch die christlichen Fanfaren geblasen (z.B. in Siegesbulletins oder in kaiserlichen Anreden an das Volk) gehört immer mehr zu dem, was unmöglich wird: weil es wider den Geschmack geht. “Die Gurgel des Kronprinzen” ist keine Angelegenheit Gottes.
Fortschritt des neunzehnten Jahrhunderts gegen das 18.
— im Grunde führen wir guten Europäer einen Krieg gegen das 18. Jahrhundert.—
1. “Rückkehr zur Natur” immer entschiedener im umgekehrten Sinne verstanden als es Rousseau verstand. Weg vom Idyll und der Oper!
2. immer entschiedener antiidealistisch, gegenständlicher, furchtloser, arbeitsamer, maaßvoller, mißtrauischer gegen plötzliche Veränderungen, antirevolutionär
3. immer entschiedener die Frage der Gesundheit des Leibes der “der Seele” voranstellend: letzteres als einen Zustand in Folge der ersteren begreifend, mindestens als deren Vorbedingung — — —