Herbst 1887 9 [101-190]
9 [166]
(116) | Aesthetica. |
Um Classiker zu sein, muß man
alle starken, anscheinend widerspruchsvollen Gaben und Begierden haben: aber so daß sie mit einander unter Einem Joche gehn
zur rechten Zeit kommen, um ein Genus von Litteratur oder Kunst oder Politik auf seine Höhe und Spitze zu bringen (: nicht nachdem dies schon geschehn ist ...)
einen Gesammtzustand (sei es Volk, sei es eine Cultur) in seiner tiefsten und innersten Seele widerspiegeln, zu einer Zeit, wo er noch besteht und noch nicht überfärbt ist von der Nachahmung des Fremden (oder noch abhängig ist ...)
kein reaktiver, sondern ein schließender und vorwärts führender Geist, Ja sagend in allen Fällen, selbst mit seinem Haß
“Es gehört dazu nicht der höchste persönliche Werth?” ... Vielleicht zu erwägen, ob die moral[ischen] Vorurtheile hier nicht ihr Spiel spielen, und ob große moralische Höhe nicht vielleicht an sich ein Widerspruch gegen das Classische ist? ...
die Musik “mediterranisiren”: das ist meine Losung ...
Ob nicht die moralischen Monstra nothwendig Romantiker sein müssen, in Wort und That? ... Ein solches Übergewicht Eines Zuges über die anderen (wie beim moral[ischen] Monstrum) steht eben der klassischen Macht im Gleichgewicht feindlich entgegen: gesetzt, man hätte diese Höhe, und wäre trotzdem Classiker, so dürfte dreist geschlossen werden, man besitze auch die Immoralität auf gleicher Höhe: dies vielleicht der Fall Shakespeare (gesetzt, daß es wirklich Lord Bacon ist: — — —