Herbst 1887 9 [101-190]
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(89) Summa: die Herrschaft über die Leidenschaften, nicht deren Schwächung oder Ausrottung!
je größer die Herren-Kraft des Willens ist, um so viel mehr Freiheit darf den Leidenschaften gegeben werden.
der “große Mensch” ist groß durch den Freiheits-Spielraum seiner Begierden und durch die noch größere Macht, welche diese prachtvollen Unthiere in Dienst zu nehmen weiß.
— der “gute Mensch” ist auf jeder Stufe der Civilisation der Ungefährliche und Nützliche zugleich: eine Art Mitte; der Ausdruck im gemeinen Bewußtsein davon, vor wem man sich nicht zu fürchten hat und wen man trotzdem nicht verachten darf ...
Erziehung: wesentlich das Mittel, die Ausnahme eine Ablenkung, Verführung, Ankränkelung zu ruiniren zu Gunsten der Regel.
Das ist hart: aber ökonomisch betrachtet, vollkommen vernünftig. Mindestens für jene lange Zeit, — — —
Bildung: wesentlich das Mittel, den Geschmack gegen die Ausnahme zu richten zu Gunsten des Mittleren.
Eine Cultur der Ausnahme, des Versuchs, der Gefahr, der Nüance als Folge eines großen Kräfte-Reichthums: —jede aristokratische Cultur tendirt dahin.
Erst wenn eine Cultur über einen Überschuß von Kräften zu gebieten hat, kann auf ihrem Boden auch ein Treibhaus der Luxus-Cultur — — —