Herbst 1887 10 [1-100]
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(178) | Zum Idealism der Selbstverächter. |
“Glaube” oder “Werke”?— Aber daß zum “Werke,” zur Gewohnheit bestimmter Werke sich eine bestimmte Werthschätzung und endlich Gesinnung hinzuerzeugt, ist ebenso natürlich, als es unnatürlich ist, daß aus einer bloßen Werthschätzung “Werke” hervorgehn. Man muß sich üben, nicht in der Verstärkung von Werthgefühlen, sondern im Thun; man muß erst etwas können ... Der christliche Dilettantismus Luthers. Der Glaube ist eine Eselsbrücke. Der Hintergrund ist eine tiefe Überzeugung, das instinktive Bewußtsein ebenso, Luthers und seines Gleichen von ihrer Unfähigkeit zu christlichen Werken, eine persönliche Thatsache, verhüllt unter einem extremen Mißtrauen darüber, ob nicht überhaupt jedwedes Thun Sünde und vom Teufel ist: so daß der Werth der Existenz auf einzelne hochgespannte Zustände der Unthätigkeit fällt (Gebet, Effusion usw.)— Zuletzt hätte er Recht: die Instinkte, welche sich im ganzen Thun der Reformatoren ausdrücken, sind die brutalsten, die es giebt. Nur in der absoluten Wegwendung von sich, in der Versenkung in den Gegensatz, nur als Illusion (“Glaube”) war ihnen das Dasein auszuhalten.