Frühjahr 1888 14 [1-100]
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Philosophie als décadence
Zur Psychologie des Psychologen
Psychologen, wie sie erst vom 19ten Jahrhundert [ab] möglich sind: nicht mehr jene Eckensteher, die drei, vier Schritt vor sich blicken und beinahe zufrieden sind, in sich hinein zu graben. Wir Psychologen der Zukunft—wir haben wenig guten Willen zur Selbstbeobachtung: wir nehmen es fast als ein Zeichen von Entartung, wenn ein Instrument “sich selbst zu erkennen” sucht: wir sind Instrumente der Erkenntniß und möchten die ganze Naivetät und Präcision eines Instrumentes haben;—folglich dürfen wir uns selbst nicht analysiren, nicht “kennen.” Erstes Merkmal eines Selbsterhaltungs-Instinkts des großen Psychologen: er sucht sich nie, er hat kein Auge, kein Interesse, keine Neugierde für sich ... Der große Egoismus unseres dominirenden Willens will es so von uns, daß wir hübsch vor uns die Augen schließen,—daß wir als “unpersönlich,” “désintéressé,” “objektiv” erscheinen müssen ... oh wie sehr wir das Gegentheil von dem sind! Nur weil wir in einem excentrischen Grade Psychologen sind