Frühjahr 1888 14 [1-100]
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Der Held, wie ihn Wagner concipirt, wie modern! wie kühn! wie geistreich-complex hat er ihn concipirt! Wie verstand Wagner, den drei Grundbedürfnissen der modernen Seele mit seinen Helden entgegenzukommen—sie will das Brutale, das Krankhafte und das Unschuldige ...
diese prachtvollen Ungethüme, mit Leibern aus Vorzeiten und Nerven von Übermorgen; diese blonden Heiligen, deren kaum präexistente Sinnlichkeit den Frauen so viel zarte Neugierde inspirirt und so viel Entgegenkommen erlaubt ... Beaumarchais hat Cherubin, Wagner hat Parsifal den schönen Frauen zum Geschenk gemacht:
Und was die hysterisch-heroischen Wesen angeht, die Wagner als Weib concipirt hat, vergöttlicht hat, den Typus Senta, Elsa, Isolde, Brünnhilde, Kundry: so sind sie im Theater interessant genug—aber wer möchte sie? ...
daß dieser Typus selbst in Deutschland nicht gänzlich degoutirt hat, hat darin seinen Grund (wenn auch noch lange nicht sein Recht:) daß bereits ein unvergleichlich größerer Dichter als Wagner, der edle Heinrich von Kleist, ihm daselbst die Fürsprache des Genies gegeben hatte