Frühjahr 1888 14 [1-100]
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Gegenbewegung der Kunst.
Pessimismus in der Kunst? —
der Künstler liebt allmählich die Mittel um ihrer selber willen, in denen sich der Rauschzustand zu erkennen giebt: die extreme Feinheit und Pracht der Farbe, die Deutlichkeit der Linie, die nuance des Tons: das Distinkte, wo sonst, im Normalen, alle Distinktion fehlt
—: alle distinkten Sachen, alle Nuancen, insofern sie an die extremen Kraftsteigerungen erinnern, welche der Rausch erzeugt, wecken rückwärts dieses Gefühl des Rausches.
—: die Wirkung der Kunstwerke ist die Erregung des kunstschaffenden Zustandes, des Rausches ...
—: das Wesentliche an der Kunst bleibt ihre Daseins-Vollendung, ihr Hervorbringen der Vollkommenheit und Fülle
Kunst ist wesentlich Bejahung, Segnung, Vergöttlichung des Daseins ...
—: Was bedeutet eine pessimistische Kunst? Ist das nicht eine contradictio?— Ja.
Schopenhauer irrt, wenn er gewisse Werke der Kunst in den Dienst des Pessimism stellt. Die Tragödie lehrt nicht “Resignation” ...
— Die furchtbaren und fragwürdigen Dinge darstellen ist selbst schon ein Instinkt der Macht und Herrlichkeit am Künstler: er fürchtet sie nicht ...
Es giebt keine pessimistische Kunst .. Die Kunst bejaht. Hiob bejaht.
Aber Zola? Aber de Goncourt?
— die Dinge sind häßlich, die sie zeigen: aber daß sie dieselben zeigen, ist aus Lust an diesem Häßlichen ...
— hilft nichts! ihr betrügt euch, wenn ihr’s anders behauptet
Wie erlösend ist Dostoiewsky!