Frühjahr 1888 14 [1-100]
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Philosophie als décadence
Zur Kritik des Philosophen
Es ist ein Selbstbetrug der Philosophen und Moralisten, damit aus der décadence herauszutreten, daß sie gegen dieselbe ankämpfen.
Das steht außerhalb ihres Willens: und, so wenig sie esanerkennen, später entdeckt man, wie sie zu den kräftigsten Förderern der décadence gehört haben.
Die Philosophen Griechenlands z.B.: Plato, der Mann des Guten—aber er löste die Instinkte ab von der Polis, vom Wettkampfe, von der militärischen Tüchtigkeit, von der Kunst und Schönheit, von den Mysterien, von dem Glauben an Tradition und Großväter ...
— er war der Verführer der nobles: er selbst verführt durch den Roturier Sokrates ...
— er negirte alle Voraussetzungen des “vornehmen Griechen” von Schrot und Korn, nahm Dialektik in die Alltags-Praxis auf, conspirirte mit den Tyrannen, trieb Zukunfts-Politik und gab das Beispiel der vollkommensten Instinkt-Ablösung vom Alten.
Er ist tief, leidenschaftlich in allem Antihellenischen ...
Sie stellen der Reihe nach die typischen Décadence-Formen dar, diese großen Philosophen:
| die moralisch-religiöse Idiosynkrasie | |
| den Anarchismus | |
| den Nihilismus | •*4Vn@D" |
| den Cynismus | |
| die Verhärtung | |
| den Hedonismus, | |
| den Reaktionismus |
die Frage vom “Glück” von der “Tugend,” vom “Heil der Seele” ist der Ausdruck der physiologischen Widersprüchlichkeit in diesen Niedergangsnaturen: es fehlt in den Instinkten das Schwergewicht, das Wohin?
: warum wagt Keiner, die Freiheit des Willens zu leugnen? Sie sind alle präoccupirt durch ihr “Heil der Seele”—was liegt ihnen an der Wahrheit?