November 1887 - März 1888 11 [301-417]
11 [301]
Diese Figur ist nicht aus einem Guß. Nicht nur daß man sie mit allerlei Weisheit- und Sprüchwort-Biedermännerei verkleidet hat, so daß sie beinahe zum “Moralisten” vulgarisirt ist: das Schlimme ist, daß man den Typus selbst nicht unangetastet hat. Man erräth, wie früh diese Figur verschiedenen Absichten von vornherein hat dienen müssen: in kurzer Zeit schon gab es bloß noch eine Tradition dieser bereits zurechtgemachten Figur. Es scheint, daß der alte typische Prophet Israels stark auf diese Zeichnung abgefärbt hat: die unevangelischen Züge, der Zorn, die Verfluchungen, die ganze so unwahrscheinliche Prophezeiung des “Gerichts,” der ganze Wüsten-Typus, die zügellose Sprache gegen Pharisäer und Schriftgelehrte, das Austreiben aus dem Tempel
— auch die Verfluchung des Feigenbaums—der typische Fall, wo und wie man nicht ein Wunder thun soll
Du sollst nicht fluchen. Du sollst nicht zaubern. Du sollst keine Rache üben. Du sollst nicht lügen (—denn daß eine Sache, bloß deshalb, weil sie für wahr gehalten wird, die Gefälligkeit hätte, zur Wahrheit zu werden, ist eine Lüge: man erlebt die demonstratio ad absurdum jeden Tag zu drei Malen —