November 1887 - März 1888 11 [301-417]
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Gott als Attribut der Nationalität
Das Volk, das ist der Leib Gottes. Eine Nation verdient diesen Namen nur, so lange sie einen eignen Gott hat und hartnäckig alle anderen von sich stößt; so lange nur als sie rechnet, mit ihrem Gott zu siegen und die fremden Götter aus der ganzen Welt fortzujagen.
Die Völker bewegen sich durch die Kraft eines unersättlichen Bedürfnisses zum Ziel zu kommen: es ist die unermüdliche beständige Affirmation seiner Existenz und Negation des Todes. “Der Geist des Lebens,” der “Strom lebendigen Wassers,” das aesthetische oder moralische Prinzip der Philosophen, la “recherche de Dieu.” Bei jedem Volke, auf jeder Phase seiner Existenz, ist das Ziel seiner Bewegung la recherche de Dieu, eines Gottes für sich, an den es als den allein wahren glaubt. Gott ist die synthetische Person eines ganzen Volkes, betrachtet von seinem Anfang bis zu seinem Ende. Wenn die Culte anfangen sich zu generalisiren, ist die Destruktion der Nationalitäten nahe. Wenn die Götter ihren Einzel-Charakter verlieren, sterben sie und mit ihnen die Völker. Je stärker eine Nation, um so stärker unterscheidet sich ihr Gott. Man hat niemals ein Volk ohne Religion gefunden (d.h. ohne den Begriff von Gut und Böse) Jedes Volk versteht diese Worte auf seine Manier. Wenn diese Ideen auf gleiche Weise bei mehreren Völkern verstanden werden, so sterben sie und die Differenz zwischen Gut und Böse beginnt zu erlöschen und zu verschwinden. Die Vernunft hat diese Begriffe nie definiren können, und selbst nicht einmal sie auch nur annähernd trennen: immer hat sie dieselben auf eine schmähliche Weise vermengt: la science a conclu en faveur de la force brutale. Das ist namentlich durch die Halb-Wissenschaft geschehen, der größte Fluch, der Despot, vor dem sich Alles neigt, selbst die Wissenschaft ...