November 1887 - März 1888 11 [301-417]
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Zukünftiges. Gegen die Romantik der großen “Passion.”
Zu begreifen, wie zu jedem “klassischen” Geschmack ein Quantum Kälte, Lucidität, Härte hinzugehört: Logik vor allem, Glück in der Geistigkeit, “drei Einheiten,” Concentration—Haß gegen Gefühl, Gemüth, esprit, Haß gegen das Vielfache, Unsichere, Schweifende, Ahnende so gut als gegen das Kurze Spitze Hübsche Gütige
Man soll nicht mit künstlerischen Formeln spielen: man soll das Leben umschaffen, daß es sich nachher formuliren muß ...
Es ist eine heitere Comödie, über die erst jetzt wir lachen lernen, die wir jetzt erst sehen: daß die Zeitgenossen Herders, Winckelmanns, Goethes und Hegels in Anspruch nahmen, das klassische Ideal wieder entdeckt zu haben ... Und zu gleicher Zeit Shakespeare!
— und dasselbe Geschlecht hatte sich von der klassischen Schule der Franzosen auf schnöde Art losgesagt!
— als ob nicht das Wesentliche so gut hier wie dorther hätte gelernt werden können! ...
Aber man wollte die “Natur,” die “Natürlichkeit”: oh Stumpfsinn! man glaubte, die Classicität sei eine Art Natürlichkeit!
Ohne Vorurtheil und Weichlichkeit zu Ende denken, auf welchem Boden ein klassischer Geschmack wachsen kann.
Verhärtung, Vereinfachung, Verstärkung, Verböserung des Menschen: so gehört es zusammen. Die logisch-psychologische Vereinfachung. Die Verachtung des Details, des Complexen, des Ungewissen —
Die Romantiker in Deutschland protestirten nicht gegen den Classicismus, sondern gegen Vernunft, Aufklärung, Geschmack, 18. Jahrhundert.
Die Sensibilität der romantisch-Wagnerischen Musik: Gegensatz, die klassische Sensibilität ...
der Wille zur Einheit (weil die Einheit tyrannisirt: nämlich die Zuhörer, Zuschauer) aber Unfähigkeit, sie in der Hauptsache tyrannisiren zu lassen: nämlich in Hinsicht auf das Werk selbst (auf Verzichtleisten, Kürzen, Klären, Vereinfachen.
die überwältigung durch Masse (Wagner, Victor Hugo, Zola, Taine) und nie mit der Größe