Frühjahr 1888 15 [1-120]
15 [108]
Die Gläubigen sind sich bewußt, dem Christenthum Unendliches zu verdanken und schließen folglich daß dessen Urheber eine Personnage ersten Ranges sei ... Dieser Schluß ist falsch, aber es ist der typische Schluß der Verehrenden. Objektiv angesehn, wäre möglich, erstens, daß sie sich irrten über den Werth dessen, was sie dem Christenthum verdanken: Überzeugungen beweisen nichts für das, wovon man überzeugt ist, bei Religionen begründen sie eher noch einen Verdacht dagegen ... Es wäre zweitens möglich, daß was dem Christenthum verdankt werde, nicht seinem Urheber zugeschrieben werden dürfte, sondern eben dem fertigen Gebilde, dem Ganzen, der Kirche aus ihm. Der Begriff “Urheber” ist so vieldeutig, daß er selbst die bloße Gelegenheits-Ursache für eine Bewegung bedeuten kann: man hat die Gestalt des Gründers in dem Maaße vergrößert, als die Kirche wuchs; aber eben diese Optik der Verehrung erlaubt den Schluß, daß irgend wann dieser Gründer etwas sehr Unsicheres und Unfestgestelltes war,—am Anfang ... Man denke, mit welcher Freiheit Paulus das Personal-Problem Jesus behandelt, beinahe eskamotirt—Jemand der gestorben ist, den man nach seinem Tode wieder gesehen hat, Jemand, der von den Juden zum Tode überantwortet wurde ... Ein bloßes “Motiv”: die Musik macht er dann dazu ... Eine Null am Anfang —