Frühjahr 1888 15 [1-120]
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In allen Fällen, wo ein Kind ein Verbrechen sein würde: bei chronisch Kranken und Neurasthenikern dritten Grades, wo andererseits dem Geschlechtstrieb überhaupt ein Veto entgegenzusetzen bloß auf fromme Wünsche hinauslaufen würde (—dieser Trieb hat bei derartig Schlechtweggekommenen sogar oft eine widerliche Erregbarkeit) ist die Forderung zu stellen, daß die Zeugung verhindert wird. Die Gesellschaft kennt wenig dergestalt dringliche und grundsätzliche Forderungen. Hier genügt nicht nur die Verachtung, die gesellschaftliche Ehrlosigketis-Erklärung als Mittel, eine niederträchtige Schwächlichkeit des Charakters im Zaum zu halten: man dürfte, ohne Rücksicht auf Stand, Rang und Cultur, mit den härtesten Vermögensstrafen, unter Umständen mit dem Verlust der “Freiheit”, mit Clausur gegen derartige Verbrechen vorgehn. Ein Kind in die Welt setzen, in der man selbst kein Recht zu sein hat, ist schlimmer als ein Leben nehmen. Der Syphilitiker, der ein Kind macht, giebt die Ursache zu einer ganzen Kette verfehlter Leben ab, er schafft einen Einwand gegen das Leben, er ist ein Pessimist der That: wirklich wird durch ihn der Werth des Lebens aufs Unbestimmte hin verringert. —