Frühjahr 1888 15 [1-120]
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Ein kleiner tüchtiger Bursch wird ironisch blicken, wenn man ihn fragt: willst du tugendhaft werden? aber er macht die Augen auf, wenn man ihn fragt willst du stärker werden als deine Kameraden
Wie wird man stärker
sich langsam entscheiden; und zähe festhalten an dem, was man entschieden hat. Alles Andere folgt.
Die Plötzlichen und die Veränderlichen: die beiden Arten der Schwachen. Sich nicht mit ihnen verwechseln, die Distanz fühlen—bei Zeiten!
Vorsicht vor den Gutmüthigen! Der Umgang mit ihnen erschlafft
Jeder Umgang ist gut, bei dem die Wehr und Waffen, die man in den Instinkten hat, geübt werden.
die ganze Erfindsamkeit darin, seine Willenskraft auf die Probe zu stellen ... Hier das Unterscheidende sehn, nicht im Wissen, Scharfsinn, Witz ...
Man muß befehlen lernen, bei Zeiten—, ebensogut als gehorchen.
Man muß Bescheidenheit, Takt in der Bescheidenheit lernen: nämlich auszeichnen, ehren, wo man bescheiden ist ...
ebenso mit Vertrauen—auszeichnen, ehren ...
Was büßt man am schlimmsten? Seine Bescheidenheit; seinen eigensten Bedürfnissen kein Gehör geschenkt zu haben; sich verwechseln; sich niedrig nehmen; die Feinheit des Ohrs für seine Instinkte einbüßen;—dieser Mangel an Ehrerbietung gegen sich rächt sich durch jede Art von Einbuße, Gesundheit, Wohlgefühl, Stolz, Heiterkeit, Freiheit, Festigkeit, Muth, Freundschaft. Man vergiebt sich später diesen Mangel an ächtem Egoismus nie: man nimmt ihn als Einwand, als Zweifel an einem wirklichen ego ...