Herbst 1887 10 [101-206]
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(230) Propaganda machen ist unanständig: aber klug! aber klug!
Welcher Art von bizarrem Ideal man auch folgt (z.B. als “Christ” oder als “freier Geist” oder als “Immoralist” oder als Reichsdeutscher—), man soll nicht fordern, daß es das Ideal sei: denn damit nähme man ihm den Charakter des Privilegiums, des Vorrechts. Man soll es haben, um sich auszuzeichnen, nicht um sich gleichzusetzen
Wie kommt es trotzdem, daß die meisten Idealisten sofort für ihr Ideal Propaganda machen, wie als ob sie kein Recht haben könnten auf das Ideal, falls nicht Alle es anerkennten? ... Das thun z.B. alle jene muthigen Weiblein, die sich die Erlaubniß nehmen, Latein und Mathematik zu lernen. Was zwingt sie dazu? Ich fürchte, der Instinkt der Heerde, die Furchtsamkeit vor der Heerde: sie kämpfen für die “Emancipation des Weibes,” weil sie unter der Form einer genereusen Thätigkeit, unter der Flagge des “Für Andere” ihren kleinen Privat-Separatismus am klügsten durchsetzen ...
Klugheit der Idealisten, um Missionär und Vertreter eines Ideals zu sein: sie “verklären” sich damit in den Augen derer, welche an Uneigennützigkeit und Heroism glauben. Indeß: der wirkliche Heroism besteht darin, daß man nicht unter der Fahne der Aufopferung, Hingebung, Uneigennützigkeit kämpft, sondern gar nicht kämpft ... “So bin ich; so will ich’s:—hole euch der Teufel!”