Herbst 1887 10 [101-206]
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(282) | Wie auch “die Herren” Christen werden können. — |
Es liegt in dem Instinkt einer Gemeinschaft (Stamm, Geschlecht, Heerde, Gemeinde), die Zustände und Begehrungen, denen sie ihre Erhaltung verdankt, als an sich werthvoll zu empfinden, z.B. Gehorsam, Gegenseitigkeit, Rücksicht, Mäßigkeit, Mitleid,—somit Alles, was denselben im Wege steht oder widerspricht, herabzudrücken.
Es liegt insgleichen in dem Instinkt der Herrschenden (seien es Einzelne, seien es Stände), die Tugenden, auf welche hin die Unterworfenen handlich und ergeben sind, zu patronisiren und auszuzeichnen (—Zustände und Affekte, die den eigenen so fremd wie möglich sein können)
Der Heerdeninstinkt und der Instinkt der Herrschenden kommen im Loben einer gewissen Anzahl von Eigenschaften und Zuständen überein: aber aus verschiedenen Gründen, der erstere aus unmittelbarem Egoism, der zweite aus mittelbarem E[goismus].
Die Unterwerfung der Herren-Rassen unter das Christenthum ist wesentlich die Folge der Einsicht, daß das Christenthum eine Heerdenreligion ist, daß es Gehorsam lehrt: kurz daß man Christen leichter beherrscht als Nichtchristen. Mit diesem Wink empfiehlt noch heute der Papst dem Kaiser von China die christliche Propaganda
Es kommt hinzu, daß die Verführungskraft des christlichen Ideals am stärksten vielleicht auf solche Naturen wirkt, welche die Gefahr, das Abenteuer und das Gegensätzliche lieben, welche alles lieben, wobei sie sich riskiren, wobei aber ein non plus ultra von Machtgefühl erreicht werden kann. Man denke sich die heilige Theresa, inmitten der heroischen Instinkte ihrer Brüder:—das Christenthum erscheint da als eine Form der Willens-Ausschweifung, der Willensstärke, als eine Don Quixoterie des Heroismus ...