Frühjahr 1888 14 [101-227]
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Unsere Erkenntniß ist in dem Maaße wissenschaftlich geworden, als sie Zahl und Maaß anwenden kann ...
Der Versuch wäre zu machen, ob nicht eine wissenschaftliche Ordnung der Werthe einfach auf eine Zahl- und Maßscala der Kraft aufzubauen wäre ...
— alle sonstigen “Werthe” sind Vorurtheile, Naivetäten, Mißverständnisse ...
— sie sind überall reduzirbar auf jene Zahl- und Maß-Scala der Kraft
— das Aufwärts in dieser Scala bedeutet jedes Wachsen an Werth:
das Abwärts in dieser Skala bedeutet Verminderung des Werths
Hier hat man den Schein und das Vorurtheil wider sich.
eine Moral, eine durch lange Erfahrung und Prüfung erprobte, bewiesene Lebensweise kommt zuletzt als Gesetz zum Bewußtsein, als dominirend ..
und damit tritt die ganze Gruppe verwandter Werthe und Zustände in sie hinein: sie wird ehrwürdig, unangreifbar, heilig, wahrhaft
es gehört zu ihrer Entwicklung, daß ihre Herkunft vergessen wird ... Es ist ein Zeichen, daß sie Herr geworden ist ...
* * *
Ganz dasselbe könnte geschehen sein mit den Kategorien der Vernunft: dieselben könnten, unter vielem Tasten und Herumgreifen, sich bewährt haben durch relative Nützlichkeit ... Es kam ein Punkt, wo man sie zusammenfaßte, sich als Ganzes zum Bewußtsein brachte,—und wo man sie befahl ... d.h. wo sie wirkten als befehlend ...
Von jetzt ab galten sie als a priori ..., als jenseits der Erfahrung, als unabweisbar ...
Und doch drücken sie vielleicht nichts aus als eine bestimmte Rassen- und Gattungs-Zweckmäßigkeit,—bloß ihre Nützlichkeit ist ihre “Wahrheit” —
Von der Herkunft der Vernunft —
A.
Die obersten Werthe waren bisher die moralischen.
B.
Kritik dieser Werthe.
C.
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| [Vgl. Louis Jacolliot, Les Législateurs Religieux. Manou - Moïse - Mahomet: traditions religieuses comparées des lois de Manou, de la Bible, du Coran, du rituel Ègyptien, du Zend-Avesta des Parses et des traditions Finnoises. Paris: Lacroix, 1876:75-81.] |
Vorschrift für den jungen Theologen:
1. daß er sich des Weibes enthalte und überhaupt jeder gegorenen Substanz; daß er weder Stiefeln, noch Sonnenschirm trage; daß er sich jedes Sinnenreizes (Gesang, Tanz und Musik) enthalte
2. Wenn der Candidat unfreiwillig eine Befleckung während seines Schlummers empfängt, so soll er sich bei dem Aufgang der Sonne drei Mal in den heiligen Sumpf tauchen, mit den Worten “daß Das, was wider Willen von mir gegangen ist, zu mir zurückkomme!”
3. Wenn sein Lehrer ihn unterbricht, so soll er ihm weder liegend, noch sitzend, noch essend, noch laufend, noch von fern, noch mit einem Seitenblick antworten:
4. Vielmehr soll er zu ihm kommen und, aufrecht, respektvoll, ihn ansehen und Antwort geben.
Wenn er im Wagen ist und seinen Lehrer bemerkt, soll er sofort aussteigen, um ihm seine honneurs zu machen.
Der Schüler darf das Weib seines Lehrers nicht beim Baden bedienen, noch sie parfümiren, noch sie massiren, noch ihren Haar-Aufputz arrangiren, noch sie salben
Er darf sich auch nicht vor der jungen Gattin seines Lehrers niederwerfen und respectvoll ihre Füße berühren, gesetzt nämlich, daß er durch sein Alter bereits das Wissen von Gut und Böse hat.
Es liegt in der Natur des Weibes daß es den Männern gefalle und sie versuchen will. Aber die Weisen lassen sich niemals so weit gehen, dieser Anziehungskraft nachzugeben, nämlich in Fällen, wo dies tadelnswerth ist.
Man soll nicht an einsamen Orten allein mit seiner Mutter, seiner Schwester, seiner Tochter und anderen Verwandtinnen weilen: die durch Einsamkeit aufgeregten Sinne sind so mächtig daß sie bisweilen über die Weisesten Recht bekommen.
Dies war der Fall mit dem weisen Vasta, der, um vor der Bosheit der Leute von Gotha zu fliehen, sich mit seinen 2 Töchtern in eine Höhle zurückzog: woselbst er sie alle beide zu Müttern machte.