Frühjahr 1888 14 [101-227]
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Der Philosoph als Weiter-Entwicklung des priesterlichen Typus
— hat dessen Erbschaft im Leibe
— ist, selbst noch als Rivale, genöthigt, um dasselbe mit denselben Mitteln zu ringen, wie der Priester seiner Zeit.
— er aspirirt die höchste Autorität
was giebt Autorität, wenn man nicht die physische Macht in den Händen hat (keine Heere, keine Waffen überhaupt ...)?
wie gewinnt man namentlich die Autorität über die, welche die physische Gewalt und die Autorität besitzen?
sie concurriren mit der Ehrfurcht vor dem Fürsten, vor dem siegreichen Eroberer, dem weisen Staatsmann.
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Nur, indem sie den Glauben erwecken, eine höhere, stärkere Gewalt in den Händen zu haben,—Gott —
Es ist Nichts stark genug: man hat die Vermittlung und die Dienste des Priesters nöthig.
Sie stellen sich als unentbehrlich dazwischen:—sie haben als Existenzbedingung nöthig,
1) daß an die absolute Überlegenheit ihres Gottes, daß an ihren Gott geglaubt wird
2) daß es keine anderen direkten Zugänge zu Gott giebt
Die zweite Forderung allein schafft den Begriff der “Heterodoxie”; die erste den des “Ungläubigen” (d.h. der an einen anderen Gott glaubt — ).
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Was ist denn am Philosophen rückständig?
Daß er seine Qualitäten als nothwendige und einzige Qualitäten lehrt, um zum “höchsten Gut” zu gelangen (z.B. Dialektik, wie Plato
Daß er alle Arten Mensch gradatim aufsteigen läßt zu seinem Typus als dem höchsten
Daß sie geringschätzen, was sonst geschätzt wird,—daß sie eine Kluft aufreißen [zwischen] den obersten priesterlichen Werthen und den weltlichen
daß er weiß, was wahr ist, was Gott ist, was das Ziel ist, was der Weg ist ... der typische Philosoph ist hier absolut Dogmatiker;—wenn er Skepsis nöthig hat, so ist es, um von seiner Hauptsache dogmatisch reden zu dürfen