Frühjahr 1888 14 [101-227]
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Moral als décadence
Der “gute Mensch” als Tyrann
Die Menschheit hat immer denselben Fehler wiederholt: daß sie aus einem Mittel zum Leben einen Maßstab des Lebens gemacht hat
: daß sie, statt in der höchsten Steigerung des Lebens selbst, im Problem des Wachsthums und der Erschöpfung das Maaß zu finden, die Mittel zu einem ganz bestimmten Leben zum Ausschluß aller anderen Formen des Lebens, kurz zur Kritik und Selektion des Lebens benutzt hat
: d.h. der Mensch liebt endlich die Mittel um ihrer selbst willen und vergißt sie als Mittel: so daß sie jetzt als Ziele ihm ins Bewußtsein treten, als Maaßstäbe von Zwecken ...
: d.h. eine bestimmte Species Mensch behandelt ihre Existenzbedingungen als gesetzlich aufzuerlegende Bedingungen, als “Wahrheit”, “Gut”, “Vollkommen”: sie tyrannisirt ...
: es ist eine Form des Glaubens, des Instinkts, daß eine Art Mensch nicht die Bedingtheit ihrer eigenen Art, ihre Relativität im Vergleich zu anderen einsieht:
: wenigstens scheint es zu Ende zu sein mit einer Art Mensch (Volk, Rasse) wenn sie tolerant wird, gleiche Rechte zugesteht und nicht mehr daran denkt, Herr sein zu wollen—