×
Frühjahr 1888 14 [101-227]
14 [146]
Wissenschaft gegen Philosophie
| Die ungeheuren Fehlgriffe: |
| 1) | die unsinnige Überschätzung des Bewußtseins, aus ihm eine Einheit gemacht, ein Wesen gemacht, “der Geist”, “die Seele”, etwas, das fühlt, denkt, will — |
| 2) | der Geist als Ursache, namentlich überall wo Zweckmäßigkeit, System, Coordination erscheinen |
| 3) | das Bewußtsein als höchste erreichbare Form, als oberste Art Sein, als “Gott” |
| 4) | der Wille überall eingetragen, wo es Wirkung giebt |
| 5) | die “wahre Welt” als geistige Welt, als zugänglich durch Bewußtseins-Thatsachen |
| 6) | die Erkenntniß absolut als Fähigkeit des Bewußtseins, wo überhaupt es Erkenntniß giebt |
| Folgerungen: |
| jeder Fortschritt liegt in dem Fortschritt zum Bewußtwerden; jeder Rückschritt im Unbewußtwerden. |
| Man nähert sich der Realität, dem “wahren Sein” durch Dialektik; man entfernt sich von ihm durch Instinkte, Sinne, Mechanismus ... |
| Den Menschen in Geist auflösen hieße ihn zu Gott machen: Geist, Wille, Güte — |
| Eins Alles Gute muß aus der Geistigkeit stammen, muß Bewußtseins-Thatsache sein |
| Der Fortschritt zum Besseren kann nur ein Fortschritt im Bewußtwerden sein |
| Das Unbewußtwerden galt als Verfallensein an die Begierden und Sinne—als Verthierung ... |
Der Kampf gegen Sokrates, Plato, die sämmtlichen sokratischen Schulen geht von dem tiefen Instinkt aus, daß man den Menschen nicht besser macht, wenn man ihm die Tugend als beweisbar und als gründefordernd darstellt...
Zuletzt ist es die mesquine Thatsache, daß der agonale Instinkt alle diese geborenen Dialektiker dazu zwang, ihre Personal-Fähigkeit als oberste Eigenschaft zu verherrlichen, und alles übrige Gute als bedingt durch sie darzustellen. Der antiwissenschaftliche Geist dieser ganzen “Philosophie”: sie will Recht behalten.