Frühjahr 1888 14 [101-227]
14 [216]
Kritik des Gesetzes.
Die höhere Vernunft einer solchen Prozedur ist, das Bewußtsein Schritt für Schritt von dem als richtig erkannten Leben zurückzudrängen: so daß ein vollkommener Automatismus des Instinktes erreicht wird
— d.h. die Voraussetzung jeder Art Meisterschaft
Es ist fromm, es ist üblich, es ist das Abzeichen braver und hochsinniger Menschen, so und so zu handeln:—das bleibt übrig:
die Herkunft, die Nützlichkeit, die Vernunft der Vorschrift wird aus dem Bewußtsein verdrängt.
Das wesentlichste Mittel zu dieser Verdrängung ist, daß zwei andere Begriffe mit ungeheurer Gewalt in den Vordergrund treten: beide das eigentliche Nachdenken über die Herkunft und die Kritik des Gesetzes ausschließend ...
1) der Lohn
2) die Strafe
“Jeder Mensch, der eine Strafe für ein Vergehen empfangen hat auf Befehl des Königs, geht zum Himmel frei von jeder Befleckung, eben so rein wie der, der immer nur das Gute geübt hat.” [Vgl. Louis Jacolliot, Les Législateurs Religieux. Manou - Moïse - Mahomet: traditions religieuses comparées des lois de Manou, de la Bible, du Coran, du rituel Ègyptien, du Zend-Avesta des Parses et des traditions Finnoises. Paris: Lacroix, 1876:402.]
Es wird eine Sache der obersten Selbsterhaltung, des “Eins ist Noth”, hier absolut zu gehorchen ... Es wird zur höchsten Unklugheit umgestempelt, hier nicht zu gehorchen —
Der Egoismus wird in’s Spiel gezogen, dergestalt, daß Gehorchen und Nichtgehorchen wie Glück und tiefste Selbstbenachtheiligung sich gegenüber treten
Zu diesem Zwecke wird das ganze Leben in eine Jenseits-Perspektive gesetzt, so daß es als folgenreich im allererschreckendsten Sinne begriffen wird ...
— die relative Unsterblichkeit ist das große Vergrößerungsglas, um den Begriff Strafe ... Lohn unerhört zu steigern.
Diese Weisen glauben nicht daran:—sonst würden sie es nicht erfinden ...